Spätestens seit Apple mit der Apple Watch Series 4 EKG angeboten hat, ist die EKG Messung zu Hause definitiv bekannter denn je zuvor. Ein kleines Westentaschen-EKG-Gerät, den WiWe habe ich ja bereits vor einem Jahr für euch getestet. Und nun durfte ich das Withings BPM Core, ein Blutdruckmessgerät, welches EKG und sogar Herztöne erfassen kann, für einige Wochen leihweise ausprobieren. Im folgenden Testbericht geht’s also um das Withings BPM Core: Was sind die Vor- und Nachteile und ist es den doch recht hohen Preis wert? Finden wir es heraus!

 

Withings BPM Core

Videoreview

Verpackung & Lieferumfang

OK, von Lieferumfang kann man kaum sprechen. Wir finden ein USB-A auf Micro USB Käbelchen in der Verpackung, nebst der Anleitung, versteht sich. Die Verpackung ist ausgesprochen hübsch mit teilweise ungebleichtem Karton, leider setzt Withings aber auch Kunststoff und Schaumstoff ein; das ist schade und unnötig.

Inbetriebnahme des Withings BPM Core

Wer meine anderen Withings Reviews wie jene vom Schlaftracker Sleep oder auch der Waage Body Cardio gelesen hat, der weiß, dass Withings die Installation perfekt im Griff hat. Auch das Withings BPM Core lässt sich schnell, einfach und ohne Probleme über die Healthmate App zum Withings Konto hinzufügen – ein Withings Konto ist  übrigens Pflicht. Natürlich ist die Healthmate-App auch mit Apple Health verbunden und ermöglicht jederzeit das Einsehen der Messwerte über Apple Health.

‎Withings Health Mate
‎Withings Health Mate
Entwickler: Withings
Preis: Kostenlos+
Withings Health Mate
Withings Health Mate
Entwickler: Withings
Preis: Kostenlos

Sobald das Gerät installiert ist, sollte man in jedem Fall das automatisch startende Training absolvieren. Ich habe ja bereits seit 2013 das erste Withings Blutdruckmessgerät im Einsatz und kenne daher den prinzipiellen Ablauf, aber durch die neue EKG sowie Herzton-Messung war das Training zum Teil auch für mich durchaus hilfreich.

Binnen weniger Minuten ist jedenfalls die Ersteinrichtung abgeschlossen, sehr gut soweit.

Design & Bedienelemente

Bevor wir uns dem wichtigsten Teil dieses Testberichts zuwenden, den Blutdruckmessungen, sehen wir uns erst mal das Gerät an. Wie eigentlich alle Geräte von Withings ist auch das Withings BPM Core hübsch gestaltet und wirkt sehr hochwertig. Die Manschette ist innen mit sehr angenehm weichem Stoff gefüttert, das äußere Gewebe wirkt robust und hochwertig. Die Technik hat der Hersteller in einer Röhre untergebracht, Bedienelemente finden wir zunächst keine, weder einen Knopf noch ein Display.

Withings BPM Core

Auf den zweiten Blick entpuppt sich das obere Ende der Röhre als ein großer Taster der gedrückt werden will, um das Gerät zu aktivieren.

Direkt darunter befindet sich ein Display aus weißen LEDs. Das wirkt außerordentlich schick in der Praxis!

Withings BPM Core

Das untere Ende der Röhre ist aus gebürstetem Stahl und dient als eine der Elektroden zur EKG Aufzeichnung. Zwei weitere Elektroden finden sich innerhalb der Manschette.

Withings BPM Core

Was wir außerdem noch an der Manschette finden ist ein Stethoskop. Ja, genau das Teil, das euch der Arzt eisig kalt schon im Kindesalter widerlicherweise irgendwo hin gedrückt hat ;-). Dieses wird für die Aufzeichnung der Herztöne verwendet.

Withings BPM Core

Auf der Unterseite des Gerätes finden wir nur den Micro-USB Anschluss, um den fest verbauten Li-Ion Akku ab und an wieder aufzuladen. Hier hätte ich mir, ihr wisst es schon, natürlich USB-C gewünscht. Da der Akku aber sehr lange (lt. Hersteller bis zu 6 Monate) zu halten scheint, ist das soweit OK.

Withings BPM Core

Der Hersteller gibt übrigens als Lebensdauer des gesamten Geräts drei Jahre an – das ist erstaunlich kurz; dies dürfte mit dem Fakt zu tun haben, dass es sich um ein medizinisches Gerät handelt. Ich kann euch aber sagen, dass ich mein altes Withings Blutdruckmessgerät seit 2013 im Einsatz habe und es nach wie vor einwandfrei funktioniert.

Blutdruck, EKG und Herztonmessung

Was ich euch fast prophezeien kann: Die ersten Messungen werden vermutlich weder ein EKG zu Tage liefern noch brauchbare Herztöne. In meinem Fall musste ich weit über 10 Messungen durchführen um hier brauchbare, also „eindeutige“ (lt. App) Werte zu erhalten. Anfangs wurde auch öfter mal ein Error angezeigt bei der EKG Messung, das war auf nicht fest genug sitzende Elektroden in der Manschette durch zu lockeres Anlegen zurückzuführen. Zwar gibt Withings durchaus nützliche Tipps, worauf man achten solle, hier aber nochmal zusammenfassend meine Erfahrungen:

  1. Habt Geduld; messt am Anfang am besten dreimal täglich, sitzt relativ gerade und still, wie in der Anleitung beschrieben.
  2. Es scheint normal zu sein, dass es vieler Messungen bedarf, bis EKG und Herztöne korrekt erfasst und aufgezeichnet werden.
  3. Für die Messung von Herztönen ist es unabdingbar, dass man sowohl selbst ruhig ist und nicht spricht als auch, dass der Raum vollkommen ruhig ist. Fernseher und Musik also ausschalten.
  4. Für die EKG Messung ist es erforderlich, dass die Elektroden innerhalb der Manschette SEHR gut am Arm anliegen und natürlich sauber sind. Achtet also beim Anlegen der Manschette extrem genau darauf, diese möglichst eng zu schließen.
  5. Achtet darauf, dass die Elektroden in der Manschette immer sauber sind, am zuverlässigsten erfolgte die Messung zudem, wenn ich mit einem leicht feuchten Tuch die Elektroden etwas anfeuchtete.
  6. Für mich funktioniert das Messen von EKG & Herztönen am besten, wenn ich meinen linken Arm mit der Handfläche nach oben über den rechten Oberschenkel lege während ich mit leicht schrägem Rücken am Sofa sitze. So liegt das Stethoskop perfekt am Rippenbogen an und der Arm ist zugleich ruhig genug für die EKG Messung.
  7. Sitzt ganz still bei der EKG Messung, bewegt die Finger nicht, bewegt die Arme nicht, werdet am besten zur Salzsäule.

Wenn ihr diese Tipps beachtet, solltet ihr recht schnell brauchbare Messergebnisse erhalten. Das liest sich natürlich jetzt irgendwie doof für die angepriesenen Heim-Messungen doch auf so viele Dinge achten zu müssen. Aber auch eine Apple Watch oder der WiWi kann kein EKG erfassen, wenn man die Finger bzw. halt jene Punkte an denen das Signal der Elektroden abgenommen wird, bewegt. Withings versucht hier, alles bestmöglich umzusetzen, der Sensorik scheinen aber aktuell einfach noch technische Grenzen gesetzt zu sein.

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Positionierung des Withings BPM Core für die Blutdruck & EKG Messung

Grundsätzlich muss das Gerät am linken Arm angebracht werden. Die weiße Röhre, welche die Technik beinhaltet, muss dabei nach außen zeigen, das Stethoskop so platziert sein, dass es, wenn man den Arm am Brustkorb anlegt, genau am Rippenbogen aufliegt.

Ablauf der Messung mit dem Withings BPM Core

Man drückt die große Taste am oberen Ende der Röhre. Das Gerät startet sehr flott. Über einen „Wischbereich“ (zwischen der gestrichelten Linie sowie dem Metallteil) an der Röhre (in meiner Videoreview zeige ich es euch genau) kann man die normale Messung (Blutdruck, EKG, Herztöne) oder eine genauere Messung (3x Blutdruck, 1x EKG, 1x Herztöne) sowie nur eine Messung von EKG und Herztönen (ohne Blutdruck) auswählen. Insgesamt ist dies sehr durchdacht umgesetzt. Hat man sich für eine der drei Optionen entschieden, so drückt man die Taste nochmals.

Withings BPM Core

Nun pumpt das Gerät die Manschette auf, zunächst schnell, bis es gut sitzt, dann langsamer zum Messen. Während es pumpt wird der Blutdruck gemessen. Danach wird etwas Druck abgelassen (nur so viel, dass die Manschette noch ausreichend fest sitzt – sehr schlau!) und es werden EKG sowie Herztöne gemessen. Sowohl die erkannten Pulsschläge als auch ein Zeitbalken werden am Display angezeigt.

Ist der Balken voll, so zeigt das Gerät zunächst den gemessenen Blutdruck, natürlich sowohl den systolischen als auch den diastolischen, und eine farbige LED gibt in Ampelfarben schnell Aufschluss über das Messergebnis. Ist der Wert in Ordnung, so leuchtet die LED Grün, ist der Blutdruck leicht erhöht, so leuchtet sie orange. Bei Bluthochdruck leuchtet die LED rot.

Nachdem der Blutdruck angezeigt wurde, wechselt das Display zum EKG. Hier werdet ihr anfangs sehr häufig „inconclusive“ lesen, also dass das Messergebnis uneindeutig sei.

Warum hier nicht die App besser Auskunft gibt, dass sie mehrere Messwerte benötigt, ist mir schleierhaft. Habt jedenfalls Geduld. Das Display zeigt übrigens zu den Herztönen nichts an, das sieht man ur innerhalb der Healthmate App. Seitsamerweise hat die App irgendwann nach mehreren uneindeutigen Messungen plötzlich vermeldet, sie benötige noch X Messungen bis das EKG bzw. die Herztöne angezeigt werden könnten. Das sollte man von Anfang an so handhaben, Withings.

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Sind mehrere Personen dem Haushalt zugeordnet, so kann man nun als letzten Schritt der Messung über den bereits erwähnten „Wischbereich“ am Gehäuse das passende Nutzerprofil auswählen, ein letzter Druck auf die Taste speichert das Messergebnis über WLAN im Withings Konto. Sollte man unterwegs sein, so wird Bluetooth und das Mobiltelefon für die Speicherung verwendet.

Das liest sich nun so langatmig und mühsam, ist es aber nicht. In der Praxis ist es nur das Anlegen der Manschette und drei Tastendrücke – fertig. Withings hat das perfekt gelöst, im Rahmen der technischen Möglichkeiten.

Konsistenz der Messergebnisse

Während der Wochen, die ich das Gerät nun testen durfte, war ich von der Konsistenz der Messergebnise positiv überrascht. Der Hersteller gibt lt. Anleitung an, dass die Schwankungsbreite +- 2% betrage, das scheint auch so zu sein. Früher konnte man schnell mal deutlich abweichende Messergebnisse erhalten, wenn man in kurzen Abständen den Blutdruck maß. Hier hatte ich mit dem Withings BPM Core deutlich weniger Ausreißer und meist sehr ähnliche Ergebnisse.

Wer aus gesundheitlichen Gründen darauf angewiesen ist, den Blutdruck sehr genau zu bestimmen, hat aber zudem die Option, gleich beim Start der Messungen eine Dreifach-Messung zu aktivieren. Das Gerät führt dann im Abstand von 30, 60 90 oder 120 Sekunden insgesamt drei Blutdruckmessungen durch und erstellt einen Mittelwert. Das ist grundsätzlich langwierig, dafür aber sehr genau.

Alles in allem war ich sehr zufrieden. Trotz der langen EKG- und Herzton-Durststrecke durch die vielen notwendigen Messungen (irgendwann zeigte die Withings Healthmate App dann doch an, wieviele korrekte Messungen noch notwendig seien) erhielt ich schließlich konsistente und korrekte Messungen sowohl von Blutdruck als auch meist von EKG und Herztönen. Alles was es braucht war Geduld. OK ein bisschen mehr Geduld.

Die Withings Healthmate App

Nun, die Healthmate App von Withings ist eine hübsche und praktische App, die in der Praxis gut funktioniert. Messergebnisse, egal ob von der Waage, dem Schlaftracker oder eben dem Blutdruckmessgerät landen schnell und zuverlässig in der App.

Die Timeline-Ansicht (die ersten beiden Bilder oben) stellt recht übersichtlich alle Messergebnisse dar, egal, ob es Gewichtsmessungen, Blutdruckmessungen oder die Schlafaufzeichnungen sind. Tippt man einen der Einträge an, so kann man Details anzeigen.

Das Dashboard wiederum zeigt den jeweils letzten Messwert an und kann zudem so konfiguriert werden, dass nur die persönlich relevantesten Daten angezeigt werden.

Natürlich kann auch das eigene Profil in der App bearbeitet werden oder auch die Geräte verwaltet werden. Mein Tipp: Guckt euch die App an, nehmt euch etwas Zeit, die einzelnen Kategorien anzusehen und zu verstehen. Ansonsten ist die App einfach gut gemacht.

Wie sinnvoll ist eine EKG oder Herztonmessung zu Hause?

Nun, da scheiden sich definitiv die Geister. Eines ist natürlich klar: Eine professionelle Mehrkanal-EKG-Messung oder die Einschätzung eines versierten Arztes mit Stethoskop kann das Withings BPM Core nicht ersetzen. Und natürlich werden die meisten sich anbahnenden Probleme vermutlich auch dann gefunden, wenn man regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchung geht.

Nur… machen wir das? In der Praxis ist es doch leider so, dass man es vielfach vermeidet, zum Arzt zu gehen. „Wenn ich nicht hingehe, kann auch nix festgestellt werden, dann bin ich eh gesund“, so in etwa. Und genau für solche Fälle ist jede durchgeführte Messung hilfreich und besser, als eine nicht durchgeführte Messung. Das vom Withings BPM Core durchgeführte Einkanal-EKG kann durchaus dazu beitragen, Vorhofflimmern zu erkennen und eine durchgeführte Herztonmessung ist eben besser, als keine. In jedem Fall sollte man natürlich, sollte das Withings BPM Core Anlass zur Sorge bieten (aufgrund von z.B. mehrfach festgestelltem Bluthochdruck oder Vorhofflimmern usw.) einen Arzt aufsuchen – genau dazu ist es da.

Fazit

Das Withings BPM Core ist nicht billig. Aktuell möchte der Hersteller deftige 250€ für die kabellose Blutdruck-, EKG- und Herztonmessung haben. Die Bewertungen bei Amazon sind stark gemischt, 50% der Bewerber geben nur maximal 3 Sterne. Warum? Weil das Anlegen des Gerätes und die Zeit bis man brauchbare und konsistente Messergebnisse (EKG, Herztöne) erhält, recht lange ist. Ich selbst hatte mir in den ersten paar Tagen meiner Review gedacht: Wenn dieser Testbericht mal kein Verriss werden wird…

Aber: Weitgehend Entwarnung. Man muss Geduld haben und einfach verstehen, wie man die Messungen durchzuführen hat. Blutdruck-, EKG- und Herztonmessung sind keine Dinge, die man beim Kochen oder Lümmeln am Sofa durchführt, sondern eben aufrecht sitzend, entspannt und ruhig. Und wenn man dies und meine Tipps oben befolgt, so erhält man ein zufriedenstellendes Messgerät mit all dem digitalen Komfort, den man sich nur wünschen kann und dann klappen die EKG und Herztonmessungen auch meistens. Nicht immer, aber meistens.