Im September 2014 hatten wir die erste Wear-Smartwatch von LG, die „G-Watch“ einem eingehenden Test unterzogen. Schon damals überzeugte Android Wear grundsätzlich hinsichtlich Stabilität und Usability. Die damalige G-Watch war eine funktionelle Smartwatch, das Design überzeugte mich aber eher weniger und gerade Uhrenfans werden mit ihr wenig angefangen haben. LG hat nachgebessert und die G-Watch R nachgeliefert. Ob diese Uhr, mit dem ersten wirklich kreisrunden Display überzeugt, lest ihr hier.
Die zweite Runde von LGs Android Wear Uhren scheint schon mal gelungen. Auf den ersten Blick sofort ein Hingucker…
Design & Tragekomfort
Ich hatte nach der ersten Begutachtung der G-Watch R auf der IFA 2014 in Berlin geschrieben, sie wirke etwas wie „aus dem Kaugummiautomaten“. Nun, da ich ein Weilchen mit der G-Watch R am Arm verbracht habe, kann ich Entwarnung geben. Look & Feel ist zwar nicht en par mit klassischen Uhren, aber durchaus hochwertig.
Das Design selbst steht hier in krassem Gegensatz zum Vorgänger; wo die erste G-Watch noch zu schlicht und eher langweilig war, dürfte die „R“ vielen Kunden vielleicht schon fast ein bisschen zu viel des Guten sein. Die Uhr ist relativ dick (11,1mm) und relativ groß. Gerade Menschen mit schlanken Handgelenken werden sie vielleicht als zu klotzig empfinden. Persönlich finde ich sie durchaus schick.
Wie beim Vorgänger hat LG auch hier (glücklicherweise) kein Markenlogo auf die Front gepappt. Die Uhr kommt mit einem, recht angenehm zu tragenden, schwarzen Lederarmband daher, dieses wirkt aber leider billig und ist etwas steif – letzteres dürfte sich mit der Zeit aber bessern.
Hier wäre ein hochwertiges Silikonband vermutlich die bessere Wahl gewesen, anstatt ein billig anmutendes Lederband. Dank Standardmaß sollte es aber kein Problem sein, das Band gegen eines vom Uhrmacher zu tauschen.
Die Front der Uhr wird vom großen kreisrunden P-OLED (Plastic OLED) Display mit 320×320 Pixeln sowie dem recht breiten Rand rund um das Display dominiert.
Leider ist das Display aus Kunststoff gefertigt, und damit meine ich nicht nur das eigentilche OLED Display sondern eben auch, dass sich kein Schutzglas darüber befindet. Das kommt zwar der Anzeigequalität zugute, dürfte aber im Alltag schnell zu Kratzern führen.
Derzeit muss sich die G-Watch R mit der Moto 360 und relativ bald mit der Apple Watch messen. Rein vom Design her würde ich sie (persönlich) zwischen Moto360 (Platz 1) und Apple Watch (Platz 3) ansiedeln.
Die G-Watch R ist sehr leicht (62g); das unterstützt den Tragekomfort, nicht aber die subjektive Qualitätsanmutung; man hat eben bei einer Uhr (und teilweise auch bei Smartphones) ein gewisses Gewicht zu fühlen um das Produkt (subjektiv) als hochwertig einzuschätzen. Ist die Uhr aber mal ans Handgelenk geschnallt fällt dieses kleine Manko nicht mehr auf.
Die Rückseite der G-Watch R ist aus Kunststoff gefertigt und beherbergt neben dem optischen Herzfrequenzsensor lediglich die Ladekontakte und einen fast unsichtbaren Resetknopf.
Seitlich, rechts des Displays finden wir noch einen Knopf der an die Krone herkömmlicher Uhren erinnert. Er dient quasi als Homebutton und hat sich im Alltag als ausgesprochen praktisch herausgestellt.
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An der unteren Kante des schwarzen Gehäuses finden wir zu guter letzt noch das kleine Mikrofon für die Sprachsteuerung von Google Now.
Das Display
320×320 Pixel hören sich nicht nach viel an, in der Praxis ist diese Auflösung aber durchaus ausreichend. Mit normalem Abstand sind zwar Pixel erkennbar, allerdings nicht störend und das OLED Display sorgt für hervorragende Kontrastwerte. Schwarz ist tatsächlich schwarz und die maximale Leuchtstärke der Uhr reicht, aus um sie selbst bei Sonnenschein noch ganz gut ablesen zu können.
LG liefert die G-Watch R mit einer tollen Auswahl unterschiedlicher Zifferblätter aus. Wo die Auswahl beim Vorgängermodell noch eher bescheiden war, wird hier etwas für jeden Geschmack geboten. 29 Stück sind bereits bei Auslieferung auf der Uhr vorhanden, sowohl Digitaluhren als auch analoge Zifferblätter. Dabei hat LG sogar an Spielereien wie z.B. Datumsanzeige via Zeiger oder Wetterbericht, Schrittzahl oder auch Kompass für’s Wandern gedacht. Top!
Im Standby wird von Android Wear das Zifferblatt bzw. das Display gedimmt. Neigt man das Handgelenk, so wird es dann wieder in Vollfarbe und mit der eingestellten Leuchtstärke dargestellt. Bei maximaler Leuchtstärke ist durchaus auch ein Ablesen bei Sonnenschein gut möglich.
Auf einen Umgebungslichtsensor hat LG leider wieder verzichtet, was speziell hinsichtlich des hohen Preises unverständlich und ein großer Nachteil ist.
Ist das Display gerade aktiv (durch die genannte Handgelenksbewegung oder darauf tippen) kann es durch Auflegen der Handfläche (besser funktionieren zwei Finger) in den Standbymodus versetzt werden. Letztlich hatte ich mich dann für Leuchtstufe 4 von 8 entschieden.
Sprachsteuerung
Das eingebaute Mikrofon leistet passable Dienste. Allerdings darf man auch keine Wunder erwarten. Wie bei allen „Wear“ Geräten hat natürlich auch die G-Watch R das „Problem“ nur ein „Anhängsel“ des Smartphones zu sein. Ohne Smartphone-Verbindung gibt es keine Sprachsteuerung; selbst dann nicht, wenn nur die Herzfrequenzmessung an der Uhr selbst durchgeführt werden soll (auf Zuruf, versteht sich).
Die Erkennungsrate liegt auf dem Niveau des Vorgängermodells. Leider wird, gerade beim Diktat, recht schnell etwas falsch erkannt. Aus Ihr wird hier usw. – Da Wear dann fast sofort die Nachricht abschickt ergeben sich teils recht kuriose Hangout-Verläufe…
Auch ist die Bandbreite der Möglichkeiten der Sprachsteuerung recht beschränkt. Was nicht dezidiert als Kommando aufgeführt ist (in der Android Wear App), führt fast unweigerlich zur Google Suche. Das ist aber kein Problem der G-Watch R sondern natürlich eines von Android Wear.
Akkulaufzeit
Wie schon beim Vorgänger gebe ich den Tip, sich genau zu überlegen, was man von einer Smartwatch erwartet. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass neben dem Smartphone auch gleich die Uhr des nächtens aufgeladen werden kann. Viele Leute aber wünschen sich Smartwatches, die deutlich länger durchhalten.
Schon bei der G-Watch hatte mich die Laufzeit von knapp über einem Tag nicht gestört. Ich muss aber zugeben, dass die durchaus realistisch erreichbaren 1,5 bis zwei Tage Laufzeit der G-Watch R im Alltag praktischer sind.
Wird die Uhr des nächtens abgelegt, so schaltet sie das Display gänzlich ab und spart weiter Strom – smart. Auf Wunsch kann zudem der „always on“ Modus, also die permanente Uhrzeitdarstellung, ebenfalls deaktiviert werden, so habe ich tatsächlich die 2 Tage Laufzeit erreicht. Mit permanent angezeigter Uhrzeit zeigte die Uhr nach etwa 12h 50% Restladung an, hochgerechnet also etwas über einen Tag.
Sinkt die Ladung unter ca. 15% aktiviert die Uhr automatisch den Energiesparmodus, das Display ist dann ausgeschaltet und aktiviert sich nur bei Bedarf. Hier hätte ich mir gewünscht, dass auch diese Automatik abschaltbar wäre, aber das ist ja nur eine Kleinigkeit.
Wie schon erwähnt setzt auch dieses Modell auf eine proprietäre Ladeschale; wieder ein Teil mehr, das mit auf Urlaub genommen werden muss. Soweit so gut, das sind wir ja fast schon gewohnt, schade ist aber, dass diese Uhr, trotz des Preises im Vergleich zur Moto 360 kein kabelloses Laden unterstützt und auch die Ladeschale flach am Tisch aufliegt, die Uhr kann so also nicht bequem als Wecker verwendet zu werden, während sie aufgeladen wird. Das ist eine verspielte Chance seitens LG.
Technisches
CPU | Qualcomm Snapdragon™ 400 Prozessor, 1,2GHz |
Display | 3,3cm (1,3″) P-OLED (320 x 320 Pixel), kreisrund |
Speicher | 4GB eMMC / 512MB RAM |
Akku | 410mAh |
Betriebssystem | Android Wear (kompatibel mit Smartphones ab Android 4.3) |
Maße | 46,4 x 53,6 x 11,1mm |
Gewicht | 62g |
Verbindungen | Bluetooth 4.0 |
Sensoren | 9-Achsen (Gyro / Accelerometer / Kompass), Herzfrequenz, Barometer |
Farben | schwarz |
Wasserfestigkeit | Staub und Wasserfest lt. IP67 (30min in 1m Wassertiefe) |
Android Wear im Alltag
Android Wear habe ich schon in der Review zur G-Watch beschrieben, mehr dazu hier.
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Wear Fit und die G-Watch R
Nachdem Fitness hoch im Kurs steht hat natürlich auch Google eine eigene Fitness-App für Android Wear Geräte veröffentlicht. „Wear Fit“. Der Funktionsumfang ist allerdings derzeit noch eher bescheiden. Wear fit liest die Aktivitätsdaten der Uhr aus, hier allerdings nur Schritte bzw. Läufe und ergänzt diese mit dem Erkennen von Radtouren über das Handy. Es werden auch kurze Diagramme geboten – eine ausgereifte Gesamtlösung wie Withings Healthmate (ab Februar, lt. Withings, auch auf Android verfügbar) oder Apple Health ist Wear Fit aber (noch) nicht.
Die Schrittaufzeichnung der G-Watch R ist leider auch so eine Sache. Die aufgezeichneten Schritte weichen extrem von jenen die herkömmliche Fitnessbänder (Polar Loop & Jawbone UP 24) aufzeichnen ab. Mehrere tausend Schritte werden von der G-Watch einfach nicht aufgezeichnet. LG muss hier wohl noch an der Software feilen um die Aufzeichnung zu verbessern.
LG hat der G-Watch R auch einen Herzfrequenzsensor spendiert. Anders als bei manchen Konkurrenzprodukten misst dieser aber nicht permanent, sondern nur bei Bedarf den Puls des Trägers und dies auch nur dann, wenn der Arm ruhig gehalten wird. Als ernstzunehmendes Sport-Gadget kann daher diese Uhr leider nicht angesehen werden. Allerdings wird sie auch nicht als solches vermarktet 😉
Videoreview
Pro & Contra
+ gute Bluetooth Reichweite
+ ordentliche Spracherkennung
+ Robust und durchaus hochwertig aufgebaut
+ Hervorragendes OLED Display
+ Gute Akkulaufzeit
+ sehr schöne Zifferblätter
– Kein Schutzglas über dem Display
– Schwarze Lackierung anfällig für Kratzer
– Relativ hoher Preis
– Schrittzähler derzeit eher mangelhaft
– Band leider nicht sehr hochwertig
Fazit
Ich revidiere meine Aussage von der IFA 2014, die G-Watch R sähe aus, wie aus dem Kaugummiautomaten. Nein, die Uhr ist durchaus hübsch und auch hochwertig. Allerdings kann man das Design und das Finish nicht mit „klassischen“ Uhren dieses Preissegments vergleichen. Auch ist das mitgelieferte Lederarmband leider nicht sehr überzeugend hinsichtlich der Qualität; das geht definitiv besser.
Die G-Watch R punktet durch das wunderbare Display, einen recht zuverlässigen Herzfrequenzsensor (sofern man den Arm ruhig hält) und liebevoll designte Zifferblätter. Abzüge gibt’s für das fehlende Schutzglas über dem Display sowie den hohen Preis. 250€ ist zu viel, 190€ wäre ein eher passender Preis für diese Uhr.
Alle Vorteile (und auch Nachteile) von Google Now und Android Wear treffen natürlich auch auf die G-Watch R zu, wenngleich natürlich das runde Display, rein was die Content-Konsumation angeht, nicht die perfekteste Lösung ist. Aber man will ja auch eine Uhr für’s Auge 😉
Im Gesamtpaket aus schnellem Prozessor, guter Akkulaufzeit und hervorragendem Display ist die G-Watch R aber definitiv unter den besseren Android Wear Uhren angesiedelt.
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